RatioBlog
7.
Juli
2011

Fehlschluss #1: Non Sequitur

Geschrieben von Michael Hohner am 7. Juli 2011, 07:51:51 Uhr:

In dieser lockeren Serie von Artikeln (mindestens 16 sind in Vorbereitung) möchte ich kurz die wichtigsten logischen Fehlleistungen vorstellen, wie man sie erkennt und wie man sie vermeidet. Man könnte diese Artikelserie auch mit dem Titel „Wie man nicht argumentieren sollte” überschreiben. Gerade wenn eine Diskussion kontrovers wird, sollte man sich nicht zu Fehlschlüssen in seiner Argumentation hinreißen lassen. Ebenso ist es nützlich, Fehlschlüsse in der Argumentation der Gegenseite zu erkennen. Wenn die Gegenüber hauptsächlich ideologisch argumentieren, dann ist das meist nicht schwer. Würde man etwa das beliebte Trinkspiel „Finde den Fehlschluss!” mit Impfgegnern, Gentechnikgegnern, Kreationisten o. ä. spielen, könnte man sich glatt die Leber ruinieren.

Also, auf geht's!

Non sequitur

Dieser lateinische Name bedeutet „es folgt nicht”, d. h. aus den Vorbedingungen (den Prämissen) kann man die dargelegte Folgerung nicht ziehen. Aus A folgt also nicht (oder nicht zwangsläufig) B.

Beispiel:

Berlin hat einen Fernsehturm. Ich sehe einen Fernsehturm in der Stadt. Folglich bin ich in Berlin.

Den Fernsehturm zu sehen, ist zwar (in Grenzen) notwendige Voraussetzung, um die Folgerung „ich bin in Berlin” zu ziehen. Da aber viele andere Städte auch einen Fernsehturm haben, ist die Voraussetzung nicht ausreichend für den Schluss.

Oder ein weniger konstruiertes Beispiel:

Wenn ein Giftstoff in einer Impfung nachweisbar ist, dann ist er auch schädlich. (Anita Petek-Dimmer)

Hier ist der Fehler die Annahme, dass ein Stoff in jeder beliebigen Dosis die gleiche Wirkung in einem Organismus hätte. Das ist aber nicht der Fall. Die Dosis ist gerade das entscheidende Kriterium, das eine Substanz zu einem Gift werden lässt oder nicht. Heutzutage sind Analysemethoden so empfindlich, dass man beinahe jeden Stoff in niedrigsten Dosen in einem Stoffgemenge nachweisen kann. In Mineralwasser findet sich z. B. regelmäßig das eine oder andere Uranatom, und dennoch ist das völlig unbedenklich. Die Anwesenheit des Stoffes ist zwar notwendige Voraussetzung für eine Schadwirkung, aber ohne entsprechende Dosis nicht ausreichend.

Die falsche Prämisse wird hier nicht direkt ausgesprochen, weshalb man diesen Fehlschluss auch als die Spezialform „unausgesprochene wesentliche Annahme” bezeichnen könnte. Dabei wird eine Prämisse, auf die sich das Argument stützt, nicht ausdrücklich genannt, und die Prämisse ist falsch.

Non sequitur ist im Grunde die Mutter aller Fehlschlüsse. Praktisch alle anderen informellen Fehlschlüsse sind lediglich Ableitungen. Es handelt sich also um spezielle Formen und typische Gründe, warum die Schlussfolgerung falsch ist.

Man muss hervorheben, dass man durch eine Verkettung von Non sequitur durchaus zu einer korrekten Schlussfolgerung kommen kann. Eine Argumentation mit Fehlschlüssen ist also im Endergebnis nicht zwangsläufig falsch, aber auch nur bestenfalls zufällig richtig.