Juli
2011
Fehlschluss #2: Falsche Prämisse
Geschrieben von Michael Hohner am 8. Juli 2011, 07:56:25 Uhr:
Der Fehlschluss „falsche Prämisse” ist in gewissem Sinne die Umkehrung von „Non sequitur”. Bei diesem Fehlschluss ist zwar die Ableitung der Schlussfolgerung aus den genannten Prämissen logisch richtig, jedoch sind die Prämissen falsch. Aus A folgt also nicht B, weil A falsch ist.
Beispiel:
Alle Pflanzen bilden Chlorophyll. Chlorophyll ist grün. Folglich sind alle Pflanzen grün.
Es gibt durchaus einige Pflanzen, die kein Chlorophyll bilden und keine Photosynthese betreiben, z. B. der Vogel-Nestwurz. Die erste Prämisse ist also falsch, und damit auch die Schlussfolgerung, dass alle Pflanzen grün wären.
Ein aktuelles Beispiel aus der Gentechnikdiskussion:
In der Natur erfolgt eine genetische Veränderung immer durch Mutation und Vererbung an Nachkommen. Ein Gen wird nicht zwischen verschiedenen Arten ausgetauscht. Deshalb macht die Gentechnik etwas fundamental Anderes als die Natur und ist folglich besonders riskant.
(diese und ähnliche Argumentationen enthalten meistens gleich mehrere Fehlschlüsse)
Der Fehler ist hier, dass, anders als behauptet, in der Natur ständig Gene zwischen weit entfernt verwandten Organismen ausgetauscht werden. Als Überträger der Gene treten typischerweise Viren in Erscheinung, Bakterien verschiedener Stämme tauschen Gene direkt aus, und hybride Pflanzen und Tiere sind das direkte Ergebnis von Vermischung verschiedener Arten. Dieser „horizontale Gentransfer” ist in der Natur gang und gäbe. Die Gentechnik macht in dieser Beziehung nichts fundamental Neues, und somit lässt sich daraus auch kein besonderes Risiko ableiten.
Eine Spezialform dieses Fehlschlusses ist die „unausgesprochene wesentliche Annahme”. Hier wird stillschweigend eine Prämisse vorausgesetzt, auf die sich das Argument stützt, welche jedoch falsch ist. Der entscheidende Punkt ist nicht, dass die Prämisse verschwiegen wird, sondern dass sie falsch ist. Bei komplexeren Diskussionen kann man nicht immer bei Adam und Eva beginnen, so dass zwangsläufig eine Menge Prämissen als gegeben vorausgesetzt werden. Umso leichter kann sich dieser Fehlschluss einschleichen.