RatioBlog
Kritische Betrachtungen über Naturwissenschaften, Alternativmedizin, Alltagsmythen, Parawissenschaften und Wissenschaft in den Medien

27.
Juli
2011

Fehlschluss #13: Falsche Fährte

Geschrieben von Michael Hohner am 27. Juli 2011, 07:32:47 Uhr:

In einem Krimi oder auch bei einem realen Kriminalfall wird gerne mal eine falsche Fährte gelegt. Da werden Beweisstücke manipuliert oder Hinweise so platziert, dass die Ermittlungen in eine bestimmte Richtung gelenkt werden. Die Beweise erscheinen schlüssig, aber sie lenken den Verdacht auf die falsche Person. Die Fährte führt vom wahren Täter weg, der dann Zeit gewinnt (und der Krimiautor erreicht einen längeren Spannungsbogen), und durch die gestiftete Verwirrung entkommt er am Ende vielleicht (bzw. wird er im Krimi erst nach einer überraschenden Wendung entlarvt).

Auch in einer Argumentation gibt es falsche Fährten. Dies sind Argumente, die logisch und faktisch korrekt sind. Sie bringen die Gegenseite dazu, der eigenen Argumentation zuzustimmen. Auch beim Publikum entsteht der Eindruck, der Führer des Arguments habe Recht. Die Fährte ist aber dann falsch, wenn diese Argumente weder Widerspruch noch Zustimmung zu den Gegenargumenten sind. Sie tragen zum eigentlichen Diskussionsthema nichts bei, sondern lenken lediglich ab, verwässern die Diskussion und helfen über die anschließenden Non sequitur hinweg.

Beispiel:

Die Schulmedizin kann nicht jede Krankheit heilen. Und in Krankenhäusern sterben eine Menge Menschen an fehlerhafter Behandlung. Deshalb ist die Alternativmedizin sinnvoll.

Die ersten beiden Aussagen sind völlig korrekt. Sie sind gleichzeitig auch völlig irrelevant in einer Diskussion um die Sinnhaftigkeit der Alternativmedizin. Der Sinn der Alternativmedizin ergibt sich aus deren Wirksamkeit und Effizienz, nicht daraus, ob die „Schul”medizin bereits alle Krankheiten heilen kann oder nicht. Die beiden korrekten Aussagen bereiten lediglich den Boden für eine Zustimmung zur dritten Aussage.