November
2009
Mythos #2: Das Internet wurde erfunden, um einem Atomschlag zu widerstehen
Geschrieben von Michael Hohner am 4. November 2009, 08:03:08 Uhr:
Aus Anlass des 40. Geburtstags des Internet und des 20. Geburtstags des WWW werden in letzter Zeit die Anfangstage des Internet oft mit folgender Aussage nacherzählt:
Das Internet wurde so konstruiert, dass es auch nach einem Atomschlag funktionsfähig bleibt, damit die Militäreinheiten weiter kommunizieren können.
Die Wahrheit ist natürlich deutlich banaler:
In den 60er Jahren war jegliche Computerkapazität noch extrem teuer. Nur Universitäten und Militäreinrichtungen konnten sich überhaupt größere Computer leisten. Gleichzeitig waren die vorhandenen Kapazitäten nur schwierig, nämlich nur vor Ort nutzbar und demzufolge auch nicht ausgelastet. Der Hauptzweck des Internet (damals noch des ARPANET) war also, diese Computer von der Entfernung aus nutzbar zu machen. Dies erfolgte damals noch über Telefonwählverbindungen, die recht unzuverlässig waren. Die Verbindung zwischen Terminal und Rechner fiel öfter mal aus oder konnte nicht aufgebaut werden. Selbst wenn die Verbindung stand, war sie von vielen Störungen geplagt.
Die Lösung war, die Verbindungen nicht direkt zu schalten, sondern indirekt über redundant verbundene Vermittlungsrechner. Die Daten wurden in Pakete aufgeteilt und in das Netz geschickt, in der Erwartung, dass wenigstens einer der möglichen Leitwege so stabil war, dass das Paket unzerstört sein Ziel erreichte.
Die Ausfalltoleranz des Internets ist eine Folge der mangelhaften Kommunikationstechnik und war nicht das Ziel der militärischen Forschung. Das ARPANET wurde zwar vom US-Militär finanziert, aber die ersten vier ARPANET-Knoten waren drei Universitäten und SRI (Stanford Research Institute). Auch später wurde das ARPANET und Internet nie für kritische militärische Kommunikation verwendet.
Literatur:
Peter H. Salus Casting The Net Addison-Wesley ISBN 0-201-87674-4