Februar
2010
Ben Goldacre - Bad Science
Geschrieben von Michael Hohner am 17. Februar 2010, 18:24:15 Uhr:
Seit einigen Jahren schon schreibt Ben Goldacre für die britische Zeitung „The Guardian” die Kolumne „Bad Science” und unterhält einen gleichnamigen Blog. Die dort behandelten Themen greift Goldacre auch in seinem Buch auf und behandelt sie systematischer und ausführlicher und mit seinem bekannten Scharfsinn und Witz.
Die einleitenden Kapitel „Matter”, „Brain Gym” und „The Progenium XY Complex” behandeln weit verbreiteten Unsinn wie Entschlackungen, Ohrkerzen, Gehirnjogging und das hochtrabende Geschwurbel der Kosmetikindustrie.
Bei den nachfolgenden Themen Homöopathie und Plazeboeffekt wird deutlich, wie man mit schlampig entworfenen und oberflächlichen Studien auch kompletten Unsinn „belegen” kann, und warum bei klinischen Studien eine Kontrolle mit Plazebo so wichtig ist.
Ausgestattet mit diesen weiteren Grundlagen werden weitere Themen der Nahrungsergänzung wie Kräutermedizin, Fischöl (Omega-3-Fettsäuren), Antioxidantien und Vitamine behandelt. Wie steht es um die nachgewiesene Wirksamkeit, und ab welchem Punkt werden die Behauptungen nicht mehr durch die Nachweise gestützt?
Wie es zu diesen Phänomenen kommt, erklärt Goldacre in den Kapiteln „Is Mainstream Medicine Evil?” und „Why Clever People Belive Stupid Things”. Auch seine Kollegen bekommen ihr Fett weg in „How the Media Promote the Public Misunderstanding of Science”.
Ernst wird es in den Schlusskapiteln „Bad Stats”, „Health Scares” und „The Media's MMR Hoax”. Schlecht durchgeführte und schlecht publizierte Wissenschaft kostet nicht nur Geld, sondern manchmal auch die Gesundheit oder sogar das Leben.
Die Beispiele im Buch stammen naturgemäß aus England. Wer aber hierzulande Fernsehwerbung schaut („mit Q10-Formel”) oder die Sensationspresse liest („Softdrinks erhöhen Krebs-Risiko um 87%”), wird leicht das jeweils äquivalente inländische Beispiel finden. Die Methoden und Probleme sind die gleichen.
Der Titel der inzwischen erschienenen deutschsprachigen Ausgabe hört sich etwas nach billiger Wissenschaftsschelte an. Nach dem Lesen des Buches wird aber klar: Wissenschaft ist keine Sammlung von Fakten, die wahr oder falsch sein können. Wissenschaft ist eine Methode, die die Kapazität hat, ihre eigenen Fehler immer wieder auszumerzen. Das Mittel gegen schlechte Wissenschaft ist nicht weniger Wissenschaft, sondern bessere Wissenschaft. Goldacre legt nicht nur den Finger in die Wunde, sondern zeigt auch die Auswege aus den Fallen, die im Wissenschaftsbetrieb und im Wissenschaftsjournalismus ausgelegt sind.
Wertung:
Englischsprachige Ausgabe:
(auch bei Harper Collins)