Februar
2013
Fehlschluss #28: Tu quoque
Geschrieben von Michael Hohner am 15. Februar 2013, 07:41:24 Uhr:
Schon wieder ein Fehlschluss mit einem lateinischen Namen! Das deutet darauf hin, dass auch dieser Fehlschluss nichts neues in der Welt ist. „Tu quoque” bedeutet „auch Du”. Hier wird ein Argument als falsch bezeichnet, weil der Argumentierende sich nicht an eine Norm hält, die man aus dem Argument ableiten kann. Das lässt sich anschaulicher mit einem Beispiel darstellen:
Rauchen kann doch nicht schädlich sein, wie die meisten Ärzte behaupten. Schließlich gibt es auch viele Ärzte, die selbst rauchen.Die Kernaussage des ursprünglichen Arguments ist „Rauchen schadet der Gesundheit”. Daraus wird eine Norm abgeleitet, nämlich „Du sollst nicht rauchen”. Wenn sich der Argumentierende nun selbst nicht an diese Norm hält, dann mag das zu kritisieren sein. Der Argumentierende verliert vielleicht seine Vorbildfunktion oder moralische Autorität in dieser Frage. Was sich jedoch nicht ändert, ist der Wahrheitsgehalt des ursprünglichen Arguments. Dieser hängt nämlich nicht vom Verhalten des Argumentierenden ab, sondern von anderen Prämissen und Indizien.
In der alltäglichen Form wird mit einem Tu-quoque-Argument eine Kritik pauschal abgelehnt, weil der Kritisierende selbst ein kritikwürdiges Verhalten zeigt. Ein Sachargument oder dessen Wahrheitsgehalt wird dabei nicht explizit erwähnt:
Sag mir nicht, dass ich nicht rauchen soll, Du rauchst ja selbst!
Das eigene Fehlverhalten wird also mit dem Fehlverhalten anderer gerechtfertigt.
Ein Tu-quoque-Argument richtet sich nicht gegen ein Sachargument des Gegenübers, sondern gegen das Gegenüber selbst, ist also eine Form des Argumentum ad hominem.