Juli
2010
IQ und die Homöopathie
Geschrieben von Michael Hohner am 3. Juli 2010, 11:57:25 Uhr:
Die Sendung „IQ – Wissenschaft und Forschung” des Bayerischen Rundfunks ist eine der wenigen hörenswerten Wissenssendungen im Radio (auch als Podcast). Üblicherweise wird sie im Magazinformat ausgestrahlt, und ab und zu wird die gesamte Sendezeit einem einzigen Thema gewidmet. Bisher wurde ich von der Sendung selten enttäuscht. Anders am 29.6.2010, als das Feature „Homöopathie – Wunschdenken oder Wissenschaft” ausgestrahlt wurde.
Das Feature beginnt mit einem Fallbeispiel, wo ein Patient angeblich durch Homöopathie geheilt wurde und danach selbst Homöopathie betreibt. Ein abstraktes Konzept auf eine konkrete Person und Schicksal abzubilden ist eine Technik aus dem Journalismuslehrbuch. Nur hat die Autorin Nortrud Semmler nicht verstanden, dass dies für das vorgebliche Thema der Sendung irrelevant ist. Dazu muss man etwas weiter ausholen:
Anekdotische Nachweise haben immer in etwa die folgende Form: „Ich war krank, dann habe ich X gemacht/eingenommen, und dann war ich wieder gesund”. Solche nacherzählte Anekdoten stellen in der Medizin keinen Nachweis für die Wirksamkeit eines Medikaments oder einer Behandlung dar, denn sie sind mit vielerlei schweren Problemen behaftet. Die meisten Krankheiten sind selbstbegrenzend, d. h. der Körper ist selbst in der Lage, innerhalb einer gewissen Zeit mit der Krankheit fertigzuwerden und zu seinem Normalzustand, nämlich der Gesundheit, zurückzukehren. Will man ein Medikament als wirksam bezeichnen, dann muss zweifelsfrei gezeigt werden können, dass diese Rückkehr zum Normalzustand bei Gabe des Medikaments schneller erfolgt, oder die Schwere des Verlaufs geringer ist als ohne Medikament. Es muss also der Verlauf der Krankheit genau verfolgt werden. Ebenso muss die Vorgeschichte und die Schwere des Falls am Anfang der Behandlung festgehalten werden. Dies erfolgt bei einer normalen Behandlung nicht. Der Verlauf vor der Behandlung wird meist lückenhaft aus der Erinnerung nacherzählt, und der weitere Verlauf nur lückenhaft verfolgt. Objektive Daten werden selten erfasst. Das größte Problem ist aber, dass bei einem Einzelfall kein Vergleich mit einem Verlauf ohne Behandlung erfolgen kann. Man kann also nicht herausfinden, ob die Krankheit ohne Behandlung nicht genauso schnell zuende gegangen wäre. Das Ende einer selbstbegrenzenden Krankheit aufgrund einer Anekdote unmittelbar einer Behandlung zuzuschreiben, ist viel zu einfach gedacht.
Auch eine Vielzahl von Anekdoten zusammengenommen liefern keinen besseren Nachweis. Die Patienten und Vorgeschichten sind meist zu unterschiedlich, um vergleichbare Ausgangssituation zu haben, und ohne Kontrollgruppe fehlt wieder der Vergleich zum Verlauf ohne Behandlung.
Um diese Probleme für die Beurteilung der Wirksamkeit eines Medikaments zu reduzieren, wurde das Verfahren der klinischen Studie entwickelt. Es werden Patienten in mehrere Gruppen aufgeteilt, die im Durchschnitt möglichst gleiche Eigenschaften haben sollen, z. B. gleiche Altersstruktur, gleichen Geschlechteranteil, gleiche Schwere der Erkrankung, usw. Eine echt zufällige Zuweisung zu den Gruppen hilft, bewusste oder unbewusste systematische Ungleichheiten zu vermeiden. Eine möglichst große Anzahl von Personen hilft ebenfalls, die verbleibenden Unterschiede auszugleichen und den Einfluss des puren Zufalls zu reduzieren.
Der ganze Aufwand der möglichst sorgfältigen Randomisierung und Kontrolle der Variablen hat nur den einen Zweck: Auch ein einer klinischen Studie kann man eine einzelne Person nicht gleichzeitig behandeln und nicht behandeln. Durch die Herstellung von mehreren möglichst gleichen Gruppen hat man aber die Möglichkeit, eine Gruppe zu behandeln, und eine nicht (oder besser, der Kontrollgruppe ein Placebo zu verabreichen, damit diese den gleichen Anschein einer Behandlung erfährt). Idealerweise ist am Ende der einzige Unterschied zwischen den Gruppen das tatsächlich verabreichte oder nicht verabreichte Medikament. Dadurch ergibt sich ein aussagekräftiger Vergleich zwischen einem Verlauf mit und ohne Behandlung.
Klinische Studien werden weiter verbessert, indem weder die Probanden noch die Durchführenden wissen, ob sie die zu prüfende Behandlung erfahren oder nicht. Beim Probanden erfolgt dies durch die Gabe eines möglichst ähnlichen Placebos, bei den Durchführenden durch die Aufteilung in Personen, die die Probanden behandeln und die Daten sammeln, und solche, die die Daten am Ende auswerten. Nur letztere wissen, welche Probanden in welcher Gruppe waren. Eine solche Verblindung gibt es ebenfalls nicht bei anekdotischen Nachweisen. Ein Patient und sein Arzt wissen immer genau, ob und welche Behandlung durchgeführt wird.
Klinische Studien sind das Mittel der Wahl, um Ergebnisverfälschungen durch menschliche Fehlerquellen wie den Placeboeffekt, lückenhafte Erinnerungen, Bestätigungsfehler, Auswahlfehler und natürlich den puren Zufall möglichst gering zu halten. Anekdoten sind mit all diesen Fehlern belastet. Eine Anekdotensammlung ist keine klinische Studie!
Der Autorin ist sich der massiven Schwächen von anekdotischen Nachweisen anscheinend nicht bewusst. Andernfalls bestünde der Beitrag wohl nicht zu einem so großen Anteil an Anekdoten. Eine Anekdote „Ich hatte ein Ekzem, dann habe ich ein homöopatisches Mittel genommen, und dann war ich wieder gesund” hat keine bessere Nachweisqualität als z. B. „Ich hatte ein Ekzem, dann habe ich ein totes Huhn über der Stelle geschüttelt, und dann war ich wieder gesund”. Wirksamkeit wird anders ermittelt.
Nach einigen weiteren Anekdoten folgt, beinahe unvermeidlich, das Popularitätsargument: Homöopathie wird weltweit praktiziert, viele Leute haben bereits homöopathische Mittel eingenommen, und viele Krankenkassen erstatten homöopathische Behandlungen. Auch das Popularitätsargument ist ein Fehlschluss. Dass viele Leute homöopathische Mittel einnehmen, belegt nicht deren Wirksamkeit. Viele Leute glauben auch an den Freitag den 13ten als Unglückstag. Auch was Krankenkassen erstatten hängt stärker von der Lobby der Anbieter und der Nachfrage der Patienten ab als von der nachgewiesenen Wirksamkeit. Semmler nennt die Homöopathie „voll integriert in das staatliche Versorgungssystem” in z. B. England. Da hätte sie mal lieber die Bestrebungen der letzten Zeit in England verfolgen sollen. Eine Expertenkommission des Unterhauses hat gerade die Wirksamkeitsnachweise der Homöopathie überprüft. Als Ergebnis hat sie keine guten Nachweise für eine Wirksamkeit der Homöopathie gefunden. Sie empfiehlt, homöopathische Mittel nicht mehr als Medikamente zuzulassen, die Erstattung der Behandlungskosten durch das staatliche Gesundheitssystem einzustellen und keine staatlichen Gelder mehr für die Erforschung der Homöopathie auszugeben.[1] Gerade in England wird die Homöpathie bald das Gegenteil von „voll integriert” sein.
Aber auch hierzulande sieht eine Vollintegration anders aus. Die Kassen, die homöopathische Leistungen erstatten, tun dies freiwillig aufgrund von Verträgen mit homöopathischen Ärzten und deren Vereinigungen. Das sind keine Pflichtleistungen der staatlichen Kassen. Es wird auch nur die Beratung in begrenztem Maß erstattet, aber keine Medikamente.
Metaanalysen
Nach einer Reihe von weiteren Anekdoten wird zum ersten Mal solide Kritik an der Homöopathie erwähnt insbesondere in Form der Metaanalyse von Shang et al von 2005.[2] Darin wird, wie in allen Metaanalysen, vereinfacht gesagt bereits vorher veröffentlichte Studien zu einem Thema gesucht, die Qualität der Studien (unabhängig von der Ergebnissen!) bewertet und dann die Ergebnisse nach der Qualität gewichtet und zusammengefasst. Üblicherweise werden auch Mindestkriterien angesetzt, z. B. werden nur randomisierte, doppelverblindete, placebokontrollierte Studien berücksichtigt. Dieses Gesamtergebnis soll einen besseren Überblick und Einschätzung der bisherigen Einzelforschungsergebnisse zu einem Thema ergeben. Das Ergebnis hier:
Biases are present in placebo-controlled trials of both homoeopathy and conventional medicine. When account was taken for these biases in the analysis, there was weak evidence for a specific effect of homoeopathic remedies, but strong evidence for specific effects of conventional interventions. This finding is compatible with the notion that the clinical effects of homoeopathy are placebo effects.
Seltsamerweise nennen die Autorin Semmler und der Kritiker Rainer Lüdtke als Autor der Analyse Matthias Egger. Dieser ist aber nur der letzte einer Reihe von Autoren. Hauptautor, und damit federführend für die Studie, ist Aijing Shang.
Die Kritik von Lüdtke an dieser Analyse ist, dass zu wenige der exisitierenden Studien berücksichtig wurden.
Wählt man nicht diese acht sondern die 14 größten Studien aus, dann bekommt man ein statistisch signifikantes Ergebnis zugunsten der Homöopathie.
Diese Kritik geht ins Leere. Die Auswahlkriterien für die Studien wurden von Shang vor der Auswertung festgelegt und wurden nicht nachträglich verändert. Dies ist gute Praxis aller Metaanalysen und ist das Gegenteil dessen, was Lüdtke andeutet, nämlich dass die Auswahl so erfolgte, dass ein „günstiges” Ergebnis entsteht. Genau dies versucht er selbst, indem er 14 Studien einschließen will, damit ein für ihn günstiges Ergebnis erscheint. Diese 14 Studien mögen die größten sein. Größe ist aber nur eines von vielen Qualitätskriterien, neben z. B. Randomisierung und Verblindung. Wenn die Gesamtqualität trotz der Größe unter den (vorher festgelegten!) Mindestanforderungen bleibt, dann bleibt die Studie eben draußen. Die Festlegung einer Mindestqualität hat seinen Grund, denn schlecht entworfene Studien liefern erfahrungsgemäß unbrauchbare Ergebnisse, die das Ergebnis einer Metaanalyse stark verzerren können.
Auch die Kritik, dass homöopathische Behandlungen von vielen verschiedenen Krankheiten untersucht wurde, ist unberechtigt. Der Grund dafür ist, dass auch die Wirksamkeit von Homöopathie für ganz bestimmte Krankheiten zuvor nicht schlüssig nachgewiesen wurde. Die Ausweitung der Analyse auf alle möglichen Krankheiten sollte Lüdtke eigentlich entgegenkommen, weil sie die Chancen auf ein für ihn genehmes Ergebnis steigert.
Lüdtke brachte dann noch seinen Unmut zum Ausdruck, dass Egger auf seine Kritik keine Stellungnahme lieferte. Vielleicht hätte er sich besser an den Hauptautor wenden sollen. Der Hund hat den falschen Baum angebellt, die Katze saß auf einem anderen.
Damit beließ es die Autorin mit der Kritik an der Homöopathie. Es entsteht der Eindruck, dass diese eine Analyse die einzig substantielle Überprüfung sei. Sie ignoriert völlig eine Reihe von weiteren Metaanalysen, z. B. die der Cochrane-Collaboration, die Meta-Metaanalyse von Edzart Ernst[3] oder aktuell den schon oben genannten Evidence Check[1].
Äpfel und Birnen
Das Ähnlichkeitsprinzip ist auch der Schulmedizin nicht fremd. Kinder mit ADS werden mit Ritalin behandelt, einem Amphetamin, das beim gesunden Menschen Erregungszustände bewirkt. Bei hyperaktiven Kindern wirkt es beruhigend – allerdings ohne, dass der Wirkmechanismus bekannt ist. Bei der Homöopathie greifen die Kritiker genau diesen Aspekt, den nicht bekannten Wirkmechanismus, scharf an.
Nein, der unbekannte Wirkmechanismus der Homöopathie ist nicht der Hauptkritikpunkt der wissenschaftlichen Medizin. Dass ein Wirkmechanismus lange Zeit unbekannt oder zumindest nicht völlig geklärt ist, ist eher der Normalfall als eine Ausnahme. Das einfachste Beispiel ist James Lind's Ergebnis des Versuchs, den man als erste kontrollierte Studie bezeichnen könnte, nämlich dass der Verzehr von Zitrusfrüchten Skurbut heilen und vorbeugen kann. Erst sehr viel später konnte Vitamin C als die dafür verantwortliche Substanz dingfest gemacht werden, und weitere Zeit verging, bis man herausfand, welche Rolle genau Vitamin C beim Aufbau von Bindegewebe spielt.
Der Hauptkritikpunkt ist, dass es auch keinen plausiblen Wirkmechanismus gibt, beziehungsweise die postulierten Wirkmechanismen unplausibel oder nachweislich falsch sind. Wenn man Ritalin mit Homöopathie vergleichen will: Dass ein Stimulans eine neurologische Wirkung hat, ist völlig unspektakulär. Dass eine Substanz mehrere Wirkungen mit unterschiedlichen Dosis-Wirkungs-Kurven hat und so in der Gesamtheit scheinbar widersprüchliche Wirkungen zeigt, ist ebenso nichts Außergewöhnliches. Die Tatsache, dass eine tatsächlich im Medikament vorhandene Substanz eine Wirkung zeigt, ist geradezu banal. Und schliesslich gibt es einige vielversprechende und plausible Hypothesen, warum Ritalin bei ADHS eine Besserung bewirken kann, die allesamt kompatibel mit etabliertem Wissen sind.
Im Vergleich dazu wird für Homöopathie postuliert, dass die Symptome, die eine Substanz in hoher Konzentration hervorruft, in niedrigen Konzentrationen des gleichen Stoffes geheilt werden können, und dass die Wirkung ansteigt, je niedriger die Konzentration ist. Hier wird keine Komplexwirkung postuliert, sondern eine einfache Wirkung. Dies widerspricht den Grunderkenntnissen der Chemie. Ebenso wird postuliert, dass die Wirkung immer noch vorhanden ist, wenn der Stoff bereits gar nicht mehr in der Lösung enthalten ist. Dies widerspricht ebenfalls allen Grundkenntnissen der Physik und Chemie. Desweiteren wird behauptet, dass eine noch weitere Verdünnung (die im Grunde nicht stattfindet; es werden lediglich Moleküle des Lösungsmittels durch neue Moleküle des gleichen Lösungsmittels ersetzt) die Wirkung noch steigert. Ebenso sind die Hypothesen der Homöopathie nichtmal intern konsistent. So wird beispielsweise nicht erklärt, wie der Kontakt des Wirkstoffs mit dem Lösungsmittel Eigenschaften auf dieses übertragen kann, aber der Kontakt mit dem Behälter nicht. Ebenso wird nicht erklärt, wie diese Eigenschaften bei riesigen Verdünnungen weiter im Lösungsmittel verbleiben, jedoch ausgerechnet beim Beträufeln von Globuli und Verdunsten des Lösungsmittels nicht zusammen mit dem Lösungsmittel verschwinden, sondern sich auf die Globuli übertragen (jedoch nicht auf Behälter, mit denen die Lösung oder die Globuli ebenso in Kontakt kommen). Zusammengefasst müsste man eine komplett neue Physik und Chemie erfinden, damit Homöopathie wie postuliert funktionieren könnte. Mit diesen neuen Grundlagen würde aber die gesamten existierenden chemischen Verfahren nicht funktionieren.
Es sind diese Punkte, die die wissenschaftliche Medizin an der Homöopathie kritisiert. Nicht der unbekannte Mechanismus ist das Problem, sondern das komplette Fehlen eines wenigstens plausiblen und in sich konsistenten Kandidaten für einen Mechanismus. In diesem Sinne Ritalin mit Homöopathie vergleichen zu wollen, zeugt vom fehlenden Grundverständnis der Autorin sowohl für die wissenschaftlichen Medizin als auch für Homöopathie, und von der nicht vorhandenen Recherche dessen, was wirklich die Kritikpunkte sind.
Abgesehen davon ist die Frage nach einem spezifischen Wirkmechanismus müßig, solange keine spezifische Wirkung zweifelsfrei festgestellt wurde. Bisher haben die besten Studien keine spezifische Wirkung festgestellt, die über den unspezifischen Placeboeffekt hinausgeht.
Erforschung des Nichtexistenten
Dr. Stephan Baumgartner:
In einer Untersuchung mit Erbsen, Zwergerbsen, die mit Potenzen von Gibberellin, das ist ein Pflanzenwachstumshormon, behandelt wurden, hatten wir die Wirkung von einer stofflichen Konzentration von Gibberillin mit der Wirkung einer homöopathischen Potenz verglichen. Und wir sahen dort, dass die stoffliche Konzentration quasi wie ein Dünger gewirkt hat. D. h. alle Pflanzen wurden mehr oder weniger gleich um 20 % Wachstum gesteigert - egal ob sie jetzt groß oder klein waren. Interessanterweise wirkte die homöopathische Präparation von Gibberillin so, dass die kleinen Pflanzen im Wachstum, relativ gesehen, stärker gefördert wurden, 30-40 %, während die großen Pflanzen sogar im Wachstum etwas gehemmt wurden.
Es ist seltsam, dass offenbar weder der Autorin noch Dr. Stephan Baumgartner selbst auffällt, dass die Ergebnisse dieses Versuchs den Grundideen der Homöopathie widersprechen. Wenn ein Wachstumshormon in üblichen Konzentrationen immer das Wachstum anregt, dann sollte es in homöopathischen Konzentrationen (sprich, es ist in der Lösung nicht mehr vorhanden) immer das Gegenteil bewirken, also das Wachstum hemmen. Das sollte auch für die kleinen Pflanzen gelten. Man könnte sagen, dass dieser Versuch die Grundprinzipien der Homöopathie widerlegt. Wie man dieses Ergebnis in eine Bestätigung umdichten kann, ist mir ein Rätsel. Aber es passt ins Bild von Baumgartners anderen Veröffentlichungen, wo schonmal von Bestätigung gesprochen wird, wenn 2 von 4 Versuchen das gewünschte Ergebnis zeigen.[4] Andere nennen 50% Erfolgsquote „Zufall”.
Vorher teilte uns Baumgartner noch folgende Weisheit mit:
Ein relativ gut dokumentiertes Phänomen ist, dass homöopathische Präparate und Potenzen offenbar in Systemen, die etwas aus dem Gleichgewicht geraten sind, besser wirken als in Systemen, die im Gleichgewicht sind.
Diese Erkenntnis ist kompatibel mit Homöopathie als Placebo und der oben schon erwähnten Rückkehr zum Normalzustand. Ein wirkungsloses Medikament kann bei einem gesunden Menschen kaum eine Verschlechterung oder Verbesserung bewirken, während bei einem kranken Mensch das Potential zur Verbesserung umso größer ist, je kränker er ist. Oder um es drastisch umzuformulieren: „Ein relativ gut dokumentiertes Phänomen ist, dass Zaubersprüche Bälle schneller bergab rollen lassen, die hoch auf dem Berg liegen, als Bälle, die schon schon in der Talsole liegen.”
Fazit
Alles in Allem ist dieses Feature nichts anderes als eine Werbeveranstaltung für Homöopathie. Es werden nur die ausgetretenen Legenden und Fehlschlüsse der Alternativmedizin wiederholt (Anekdotensammlung, Popularitätsargument, „Schulmedizin kuriert nur die Symptome”, was mit der Homöopathie als Alternative geradezu lächerlich ist). Es strotzt vor Fehldarstellungen und verfälschenden Auslassungen. Die Recherche ist so papierdünn, dass der Beitrag genauso von einem Homöopathen diktiert sein könnte. Die Autorin hat sich weder mit den Reviews zum Thema noch mit den Studien der Homöopathen genauer beschäftigt. Die 2 Minuten Alibi-Kritik existieren wohl nur, damit das Urteil nicht „Thema verfehlt, Note 5” lautet.
- House of Commons, Science and Technology Committee (2010): Evidence Check 2: Homeopathy
- Shang A et al. (2005): Are the clinical effects of homoeopathy placebo effects? Comparative study of placebo-controlled trials of homoeopathy and allopathy.
- Ernst E. (2002): A systematic review of systematic reviews of homeopathy.
- Baumgartner et al. (2008): Reproducibility of dwarf pea shoot growth stimulation by homeopathic potencies of gibberellic acid.